Wolfgang Amadeus Mozart
* 27. Jänner 1756
† 05. Dezember 1791
Trio (Terzett) C-Dur KV 548
Komponiert: | Wien (Währinger Straße 26, Gartenhaus), beendet am 14. Juli 1788 |
Uraufführung: | nicht dokumentiert |
Erstausgabe: | Artaria, Wien, 1788 |
Aus der Beschäftigung mit den diversen zu Mozarts Zeit verwendeten “ungleichschwebenden Temperaturen” wissen wir, daß C-Dur zu den klassischen “akkordischen” Tonarten gehört. Das sollte allerdings nicht zur Annahme verleiten, es handle sich dabei um eine “neutrale” Allerweltstonart. Offensichtlich beinhaltete das ungleichschwebende C-Dur ein koloristisches Element, das es zum “Gegenbild” des komplizierten E-Dur geradezu prädestinierte. Jedenfalls fällt auf, daß diese beiden Tonarten in drei Haydnschen Werkzyklen unmittelbar aufeinander folgen. Während in den Bartolozzi-Trios (Hob.XV:27-29) und den Esterházy-Sonaten (Hob.XVI:21-26) die Folge jeweils C-Dur/E-Dur ist, finden wir im ersten Zyklus der Tost-Quartette (Hob.III:57-59) ebenso wie einige Jahre später an einer sehr auffälligen Stelle der “Schöpfung” die auch von Mozart für seine Trios gewählte Abfolge E-Dur/C-Dur: Zu Beginn des dritten Teiles schildert Haydn den Paradiesesmorgen (E-Dur), der Adam und Eva zu einem naiven Lobgesang (C-Dur) hinreißt. Nicht unähnlich der hier von Haydn verwendeten Dramaturgie führt auch bei unseren beiden Mozartschen Klaviertrios der Weg von E-Dur nach C-Dur aus einer Sphäre lyrischer Halbtöne in das volle Licht tätiger Zustimmung.
Das eröffnende Allegro läßt gleich mit seinem Kopfmotiv an Figaros “Non più andrai” (“…delle belle turbando il riposo…”) denken. Überhaupt scheint der ganze Satz von opernhafter Gestik und Mimik durchzogen zu sein – die charakteristische Tonwiederholung auf der Dominante, die zwischen Bangigkeit und Koketterie schwankt, unterstreicht das ebenso wie das klagende Seufzermotiv, das in der Durchführung neu hinzutritt und in der Reprise dann noch ein wehmütiges Echo findet. Zwischen diese primadonnenhaft kapriziösen Details schiebt sich aber immer wieder der zupackende Humor des Incipits, das auch die launige Coda dominiert.
Der zweite Satz, Andante cantabile (F-Dur), ist ein Sonatensatz mit einem Hauptthema von recht eigenwilligem Zuschnitt: Vordersatz und Nachsatz der eröffnenden Periode (Klavier solo) haben motivisch nur sehr wenig gemeinsam, dafür wird der Nachsatz von der Geige wiederholt, so daß sich rückblickend der Vordersatz fast wie ein enleitendes Motto ausnimmt. Das charakteristischste Detail dieses Mottos, eine sich aus dem rhythmischen Hauptmotiv anmutig lösende Skala in zierlichen Zweiunddreißigsteln, wird in der Durchführung auf eine weite modulatorische Reise geschickt, wobei ihm das Seitenthema als Weggefährte mitgegeben wird. An kontrapunktischer Originalität steht diese Durchführung derjenigen des analogen Satzes von KV 496 nicht viel nach. In der Reprise wird der Ablauf des Geschehens kurz vor Ende von einem “Seufzerdialog” (zwischen Geige und Klavier) unterbrochen, der noch einmal, gleichsam von ferne, an die opernhaften Momente des Kopfsatzes erinnert.
Ein keckes Rondo im Sechsachteltakt (Allegro) beschließt das Werk – unter allen Klaviertriosätzen Mozarts sicher der übermütigste und brillanteste. Der formale Ablauf entspricht fast genau dem des Finales aus KV 542, doch ist die konzertante Weiträumigkeit des E-Dur-Satzes hier einer frechen Knappheit gewichen, die hervorragend zu dem vorlauten Ton des thematischen Materials paßt. In das Minore klingen zwar wie von ferne noch die Sospiri der vorangehenden Sätze hinüber, aber auf die Dauer vermag nichts, sich der ansteckenden Ausgelassenheit zu entziehen, mit der Mozart den Satz zu einem wirkungsvollen Abschluß bringt. Die Lausbübereien reichen buchstäblich bis zum letzten Ton: In der Schlußwendung wird das augenzwinkernd martialische Incipit des ersten Satzes noch in einer wie beiläufig angebrachten Umkehrung verspottet.
© by Claus-Christian Schuster