Vitezslav Novak
* 05. Dezember 1870
† 18. Juli 1949
Trio quasi una ballata, d-moll, op.27 (1902)
Komponiert: | Prag, 1901/02 |
Uraufführung: | Brno, 6. April 1902 Vitezslav Novák, Klavier Rudolf Reissig, Violine H. Brodsky, Violoncello |
Erstausgabe: | Simrock, Berlin, 1903 |
Der Arztsohn aus dem südböhmischen Kamenice nad Lipou, repräsentierte in seinen Anfängen ganz die Dvorák-Schule; auch ihm ebnete Johannes Brahms von Wien aus durch eine Empfehlung an den Verlag Simrock in Berlin den Weg in die Welt. Dort erschien auch das 1902 komponierte (zweite) Klaviertrio „quasi una Ballata“ (d-moll, op.27). Es ist daher wohl auch mehr als bloßer Zufall, daß sich man an etlichen Stellen des Werkes in Tonfall und Ductus an die Brahmsschen „Zigeunerlieder“ erinnert fühlt (etwa an das in der selben Tonart stehende „Hochgetürmte Rimafluten“, op.103 Nr.2). Freilich kann hier weder von Zitat noch von Nachahmung die Rede sein; der Ursprung dieser Verwandtschaft ist wohl am ehesten in der beiden Komponisten gemeinsamen Liebe zum Volkslied zu suchen: 1896 hatte Novák in Velké Karlovice, wo er in der Folge oft den Sommer verbrachte, seine erste Begegnung mit der walachischen Volksmusik. Mit offenem Ohr für den unverfälschten Reichtum des Volksliedes bereiste er in den folgenden Jahren mit Freunden (unter anderem auch mit Leos Janácek) Mähren, die Hohe Tatra und die Slowakei. Auch wenn die Musik des zweiten Klaviertrios keine illustrativ-folkloristischen Züge hat, finden sich die Spuren dieser Beschäftigung doch in jedem Takt. Die Form des Werkes ist rhapsodisch; in den großzügig angelegten einzigen Satz des Werkes, der seine dynamische Spannung aus der Gegenüberstellung eines Andante tragico mit einem leidenschaftlichen Allegro bezieht, ist als Mittelepisode ein extravagantes Scherzo (Allegro burlesco) mit kapriziösen Zügen eingeflochten. Novák hat hier ein dramaturgisches und formales Konzept entwickelt, das der englische Musikliebhaber und Mäzen Walter W. Cobbett in der Folge zur Leitlinie der von ihm ins Leben gerufenen Wettbewerbe für Kammermuiskkompositionen (ab 1906) gemacht hat.
© by Claus-Christian Schuster